Rinchnach - Guntherort und ehem. Klosterort

Rinchnach Gunther- und ehemaliger KlosterortSt. Gunther - OrtsgründerHeiligenverehrung i. L. d. JahrhunderteGu-Sy 2010, Dr. Horpeniak 
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PhDr. Vladimír Horpeniak
„Über die Verehrung und Verfemung des hl. Gunther“
Gunthersymposiumsbeitrag, Rinchnach, 9.10.2010
 
  
Zusammenfassend möchte ich feststellen: Auch wenn der Mensch ein geselliges Wesen ist, bedeutet das nicht, dass er ständig in "körperlicher Nähe" zu anderen sein muss. Der Mensch muss nicht andauernd mit anderen reden und diskutieren. Um zu sich zu kommen, müssen wir uns wenigstens zeitweise in die Einsamkeit begeben. Eine Reihe geistiger Werte erlangen wir nur in Ruhe und Einsamkeit. Wenn wir einen nahe stehenden Menschen besonders bewusst wahrnehmen wollen, gehen wir mit ihm an einen Ort abseits des Lärms der Welt um uns. Auch Wissenschaftler und Künstler brauchen für ihre Arbeit und ihr Schaffen Ruhe und Einsamkeit. Und es gilt auch: „Um die Menschen zu lieben, ist es notwendig, für eine Zeit von ihnen fort zu gehen.“ Heilige, die in die Einsamkeit gingen, haben die Herrlichkeit der inneren Welt gefunden, Horizonte im Herzen, die Nähe Gottes.

Auch Gunther hat im Böhmerwald in der Einsamkeit unter sicherlich harten Bedingungen und im Gebet ein „vita contemplativa“ erlebt, um dann von hier aus auch wieder in die Welt zu gehen und auch wieder ein vollkommenes „vita activa“ zu leben. Die Eingenommenheit für ein heiligmäßiges Leben, das Eintreten für das Evangelium und die Reformströmungen aus Cluny und Gorze ist bei Gunther besonders bewundernswert. Und überraschend ist, wie aktuell Gunthers Leben auch den heutigen Kirchendokumenten über Heiligkeit, z. B. dem "Lumen gentium", einem Dokument des 2. Vatikanischen Konzils, entspricht: „In unterschiedlichen Lebensweisen und Berufen verwirklichen die einzige Heiligkeit all die Leute, die von Gottes Geist gelenkt sind, die der Stimme des Vaters gehorchen, die sich vor Gott dem Vater im Geiste und der Wahrheit verneigen und die dem armen, demütigen und das Kreuz tragenden Christus folgen, damit sie die Teilnahme an seinem Ruhm verdienen. Jeder soll aber je nach seinen eigenen Gaben und Aufgaben ohne zu zögern den Weg des lebendigen Glaubens beschreiten, der Hoffnung weckt und durch Liebe wirkt.“

Der frühere Magnat (Hochadelige) Gunther musste, als er seinen Besitz unter den Klöstern verteilte und den Weg der Mönchsarmut einschlug, nicht Gott zurufen: „Herr, ich habe leere Hände!“ In seine Berufung als Friedensstifter, Versöhner und Errichter von Brücken zwischen Völkern legte er bereitwillig seine diplomatischen und sonstigen Erfahrungen, aber auch seine Kontakte und Verbindungen zu den Mächtigen der damaligen mitteleuropäischen Welt, von denen viele seine engen Verwandten und Freunde waren. Um Gunther gerecht zu werden, ist es notwendig, nicht nur Gunther selbst zu sehen, sondern auch seine Vorbilder, besonders Christus, denn auch Gunthers Heiligkeit hängt mit der Vereinigung mit Christus zusammen. Abschließend noch einige Worte aus der Heiligenlegende "Das Leben Gunthers des Eremiten (Vita Guntheri)": „Erheben wir also unsere Sinne zur Nachfolge des Beispiels der Heiligen, auf dass wir ihre Taten preisen, selbst ein tugendhaftes Leben führen, wie der Psalmist mahnt: Sucht den Herrn, und lebendig wird deine Seele sein!“