Zunächst, wie schon dargelegt, war Gunther im
Missionsauftrag des deutschen Kaisers Heinrich II.
(1002 - 1024) tätig, wobei mit einer Missionierung
im Auftrag des deutschen Kaisers immer auch eine
Bindung des Missionsgebietes an das Deutsche
Reich erreicht werden sollte.
Die Kaiser Konrad II. (1024 - 1039) und Heinrich
III. (1039 - 1056)sicherten sich dann Gunthers
Dienste im Wesentlichen als Diplomat und
Ratgeber in politischen Reichsangelegenheiten.
Einen Dualismus von Kirche und Staat, wie er sich
später herausbildete, gab es um die
Jahrtausendwende nicht. Die Kirche war Teil der
einen Weltordnung. Weltliche und kirchliche
Entwicklungen schritten Hand in Hand voran.
Kirche und Staat galten als eine nur funktionell,
nicht wesensmäßig unterschiedene Einheit.
Beide hatten das selbe religiös-politische Ziel zu
verfolgen: Schaffung eines christlichen
Weltreiches, eines Römischen Reiches Deutscher
Nation. Kaiser Otto I. der Große (936 - 973)
begründete durch die Übertragung von
Reichsämtern und Fürstenmacht auf die
Reichsbischöfe das sog. Reichskirchensystem, das
auf eine Einheit von Kirche und Staat abzielte.
Vor allem Kaiser Otto III. ( 983 - 1002), dem
Gunther in seiner thüringischen, ritterlichen Zeit
verbunden war, strebte diesen Gottesstaat an.
Sein Nachfolger, der heilig gesprochene Kaiser
Heinrich II., baute die Einbeziehung der Kirche in
die Administration des Reiches noch weiter aus.
So wurden Mitglieder aus den Adelsgeschlechtern
und wichtigen Familien mit Aufgaben des hohen
Klerus (Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte) betraut
und in diesem Amt auch für weltliche Aufgaben
herangezogen. Es wurden ihnen wichtige
Staatsämter übertragen und sie wurden mit
Reichs- und Königsgut belehnt. Die Kirchenmänner
waren in der Regel hoch gebildet, also für
Verwaltungsaufgaben besser geeignet als die
Kriegsherren des Hochadels. Das Amt fiel nach
dem Tod des Inhabers an den König zurück, da
der Klerus nicht heiraten durfte und demnach auch
keine legitimen Erben hatte. Der König konnte so
immer wieder neue vertrauenswürdige und kluge
Männer in wichtige Positionen zu bringen.
|