Rinchnach - Guntherort und ehem. Klosterort

Rinchnach Gunther- und ehemaliger KlosterortSt. Gunther - OrtsgründerHeiligenverehrung i. L. d. JahrhunderteRinchnach - Frauenbrünnl 
Guntherort Rinchnach
Barockkirche mit zahlreichen Guntherdarstellungen - Wallfahrtskirche "Guntherkircherl-Frauenbrünnl"
  

Während es über Gunthers Verehrung an seinem Begräbnisort (Brevnov) und Sterbeort (Gutwasser/Dobra Voda) relativ viele Überlieferung gibt, weiß man über eine Verehrung Gunthers in den "bayerischen Guntherorten" bis zum 18. Jahrhundert wenig. Dies liegt auch daran, dass die alten Archivalien der Propstei Rinchnach durch Brände verloren gingen.
  
Der Barockumbau der Propsteikirche Rinchnach dokumentiert aber eindringlich St. Gunthers lebendiges Gedenken und seine barock-volkstümliche Verehrung: Altäre und Deckenfresken stellen Leben und Wirken des Kirchenpatrons  St. Johannes d. Täufer und St. Gunther als Kloster- und Ortsgründer gegenüber. Überliefert ist auch, dass Gunthers Sterbetag  (9. Oktober) in der Propstei Rinchnach immer hochfestlich begangen wurde.

Nach der Auflösung der Propstei Rinchnach (Säkularisation 1803) geriet, wie Gotthard Lang 1941 berichtet, die "Verehrung, das Gedenken sowie die äußere Feier seine Festes mehr und mehr in Vergessenheit und äußerte sich nicht lebhafter als an anderen Orten des Bistums Passau". Explizit führt G. Lang als weitere Orte der Guntherverehrung bzw. als Kirchenorte mit Guntherdarstellungen im Bistum Passau  Gunthers Mutterkloster Niederaltaich, die Kirchen von Oberkreuzberg, Schalding bei Passau, Regen und Rabenstein auf.

Zu Beginn der 1950 Jahre erfolgte in Rinchnach und nach dem Jubiläumsjahr "1000 Jahre St. Gunther" 1955 auch im gesamten Bayerischen Wald ein große Rückbesinnung auf St. Gunthers Bedeutung für die Erschließung des Bayerischen Wald in weltlicher wie religiöser Hinsicht.

In Rinchnach gründete sich am 2. 3. 1950 eine Verein "Heimatfreunde zur Förderung der St-Gunther-Geschichte e. V. Guntherverein Rinchnach". Im Paragraf 3 der Vereinssatzung wurde der Vereinszweck definiert: "Der Verein hat den Zweck, die St.Gunther-Geschichte sowie die reiche Geschichte des ehemaligen Klosters Rinchnach ... Durch Abhaltung von Festen und Kulturveranstaltungen unter der Bevölkerung wachzuhalten und als Kulturerbe an die Nachwelt weiterzugeben."

Nach 1950 setzte in Rinchnach ein regelrechter "Gunther-Boom" ein. Gunther wurde als Namensgeber für Vieles in Anspruch genommen: Guntherverein, Guntherbund, Guntherschützen, St. Gunther-Volksschule, Guntherapotheke, St. Gunther-Hotel, Gunther-Freilichtspiel, St. Gunther - Reit- und Fahrverein u. a . m.

Gerade das örtliche Volksfest, das Guntherfest, hat durch aufwändige historische Festzüge, die  im ca. fünfjährigen Turnus den Festsonntagnachmittag gestalteten bzw. gestalten, viel zur örtlichen Verankerung des reichen Rinchnacher kulturhistorischen Erbes beigetragen.
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Zur großen "Gunther-Renaissance" im Bayrischen Wald trug sicher auch die von Abt Emmanuel Heufelder (O.S.B Niederaltaich) 1955 herausgegebene, sehr ausführliche Festschrift "1000 Jahre St. Gunther" bei. Abt Heufelder stellt in seinem Vorwort Gunthers u. a. heraus: Der einfache Mönch Gunther übte einen gewaltigen Einfluss auf seine Zeit aus. Er wurde eine 'Wegebauer in den Osten', der ... Auch geistige Brücken zwischen den Grenzvölkern baute. ... Gunther ist aber auch eine symbolhafte Gestalt unserer Zeit. ... St. Gunther zeigt, wie man Wege baut und wie man Frieden stiftet. ... Darüber hinaus ist St. Gunther auch darin wegweisend für unsere Zeit, dass er ein konkret soziales Werk vollbringt. ... Er erschließt neues Rodungsland."

Gerade auch für die Sudetendeutschen, die sich nach Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg im Bayerischen Wald ansiedelten, war St. Gunther als Patron des Böhmerwaldes eine "neu-alte" Integrationsfigur. Und so wurde z. B. als Dank-Kirche zum gelungenen Abschluss des Baues der VdK-Eigenheimsiedlungen in Freyung und Waldkirchen am 23. Juni 1968 in Freyung eine Gunther-Kirche eingeweiht. Der damalige Regierungspräsident J. Riederer deutete die Wahl des St-Gunther-Patronats so: "Das Patronat halte 'die Erinnerung an den großen Heiligen des Waldgebirges wach ...'.  Diese Kirche schließt den Bogen zwischen der von Gottvertrauen und Fleiß getragenen Pionierarbeit jener Menschen der Rodungszeit und den Leistungen der heutigen Bewohner."