"Der hl. Gunther muss eine schillernde Persönlichkeit gewesen sein – fast alle wichtigen Kommentatoren des Zeitgeschehens
um 1000 erwähnen ihn, viele stellen Gunther sogar besonders heraus, wenngleich nicht immer freundlich. Die
Niederaltaicher Annalen – hier hätte Gunther eigentlich ein „Heimspiel“ gehabt – vermerken zu 1034, dass Kaiser Heinrich
III. auf Gunthers Rat hin den Böhmenherzog Ulrich wieder einsetzte, worauf dieser noch schlimmere Übeltaten und
Schrecklichkeiten verbrochen habe als schon zuvor; eine für Gunther recht kritische Passage. Ansonsten werden in den
Niederaltaicher Annalen nur mehr die Profess Gunthers zu 1006 und sein Tod zu 1045 vermeldet.
Auch bei Wolfher, dem Verfasser der Lebensbeschreibung des Hildesheimer Bischofs und Niederaltaicher Abtes Gotthard,
fehlen kritische Untertöne nicht. In der älteren Fassung der Vita hatte er Gunther allerdings noch gar nicht erwähnt. In der
jüngeren widmete Wolfher ihm dann zwei Kapitel und stellt damit die ausführlichste zeitgenössische Quelle für Gunther dar.
Der „vir nobilis“, aus hohem thüringischem Adel stammend, ausgezeichnet durch seine Verdienste, wollte der Welt entsagen
und in das Kloster Hersfeld eintreten. Dessen Abt war damals ein Niederbayer, der eben schon erwähnte Gotthard. Dieser
befürchtete – warum genau sagt uns Wolfher nicht – für den Fall des Klostereintritts Gunthers Verwicklungen und empfahl
dem Thüringer sein eigenes Heimatkloster Niederaltaich."
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